Erfindung für die Energiewende
An der Uni Siegen wird die Leistungsfähigkeit einer neuen Wasserkraftmaschine für die Gewinnung von Energie aus Fließgewässern erforscht.
Auf dem Tisch von Prof. Dr.-Ing. Jürgen Jensen landen regelmäßig Erfindungen. Das ist erst einmal nichts Spektakuläres, der Professor am Lehrstuhl für Wasserbau und Hydromechanik der Uni Siegen prüft immer wieder Ideen für die Erforschung und Entwicklung von neuen Technologien für die Energieversorgung der Zukunft. Manche Ideen sind interessant, andere unrealistisch. Die Idee von Hans-Ludwig Stiller aber ist etwas Besonderes. 15 Minuten studiert Prof. Jensen das Gerät. Dann sagt er: „Das hat Potenzial“. Inzwischen ist aus der Erfindung ein Forschungsprojekt für die Energiewende geworden.
Die Uni Siegen und Erfinder Stiller arbeiten gemeinsam seit dem 1. Oktober 2014 am Projekt „StEwaKorad“. Die Abkürzung steht für „Stiller Energiewandler Kompaktwasserrad“, es handelt sich um eine neue Wasserkraftmaschine. Ziel des Projektes ist, die Leistungsmerkmale und Kenndaten des „StEwaKorad“ für die Gewinnung von regenerativer Energie aus Fließgewässern zu erforschen. Prof. Jensen ist vom Potenzial der neuen Maschine überzeugt: „Es ist die erste Idee seit langer Zeit, bei der erkennbar war, dass sie die hohen Ansprüche für die Entwicklung von Technologien im Zuge der Energiewende erfüllt.“
Das „StEwaKorad“ ist kompakt gebaut und für den Bereich der Kleinwasserkraft ausgelegt. Die Technik funktioniert mit kleinen Fallhöhen und geringen Fließgeschwindigkeiten. „Das sind Bereiche, die bisher von keiner anderen Wasserkraftmaschine abgedeckt werden“, sagt Prof. Jensen. Die größten Vorteile des „StEwaKorad“ sind: Die Maschine läuft komplett eingetaucht im Wasser, verfügt über Vor- und Rückwärtslauf und kann optimal auf die Richtung der Strömung im Wasser ausgerichtet werden. „Dadurch ergeben sich völlig neue Anwendungsmöglichkeiten“, sagt Prof. Jensen.
Mobile oder stationäre Gezeiten- und Strömungsaggregate zählen dazu, aber auch Hybridlösungen, wahlweise als Generator an einem Segelboot oder als Antriebssystem. Das „StEwaKorad“ könnte auch Leucht-Bojen selbstständig mit Energie versorgen. In die Umwelt fügt sich die Maschine zudem ohne Schäden für die Natur oder die Tierwelt ein. „Überall, wo Strömung ist, kann man diese Maschine einbauen“, sagt Erfinder Stiller.
Ein Patent liegt bereits vor, jetzt hat die Forschungsarbeit begonnen. Das Projekt wird mit einer Gesamtsumme in Höhe von 287.791 Euro vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) bis zum 31. März 2016 gefördert. Die optimale Wirkung der Maschine wird im Wasserbau-Labor der Uni Siegen erforscht. Beteiligt sind das Forschungsinstitut Wasser und Umwelt (fwu), Abteilung Wasserbau und Hydromechanik aus dem Department Bauingenieurwesen um Prof. Jensen und der Lehrstuhl für Konstruktionstechnik-CAD-Mechatronik (kcm) aus dem Department Maschinenbau um Prof. Dr. Rainer Lohe. Vom klassischen Wasserrad unterscheidet sich das „StEwaKorad“ durch die beweglichen Schaufelblätter, die durch einen Mechanismus immer in eine optimale Stellung gebracht werden. Dieses Getriebe darf die zusätzlich gewonnene Energie trotz rauer Umweltbedingungen nicht aufzehren. Eine herausfordernde Entwicklungsaufgabe für die Konstrukteure aus dem Maschinenbau.
Um aus dem Forschungsprojekt und dem Prototypen eine marktreife Maschine zu entwickeln, gibt es Voraussetzungen. Dazu zählt die nachgewiesene Leistungsfähigkeit, aber auch die Haltbarkeit. Welche Spaltmaße sind optimal, welches Schmiermittel funktioniert am Besten? Und wie viel „Spiel“ dürfen die Schaufeln der Maschine haben, um optimal zu arbeiten? Diese und weitere Fragen werden nun beantwortet.