Siegen als Spitzenstandort der Mensch-Technik-Forschung
Ob beim virtuellen Arbeits-Meeting, beim Chat mit einem Sprachassistenten, oder beim Bedienen des Fahrassistenzsystems im Auto: Ständig interagieren wir mit digitalen Geräten. Doch was macht diese Interaktion angenehm, bedeutungsvoll und gesellschaftlich verträglich?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich der Forschungszweig Human-Computer Interaction (HCI), auf Deutsch: Mensch-Technik-Interaktion – und das an der Universität Siegen auf internationalem Spitzenniveau.
Die Siegener Wissenschaftler*innen erforschen, wie Menschen mit Technik umgehen – und wie diese Technik gestaltet sein muss, damit sie nicht nur funktioniert, sondern den Menschen wirklich hilft. Das Besondere an der HCI-Forschung in Siegen: Die Forschenden blicken über den Bildschirmrand hinaus. Sie interessieren sich nicht nur für die technische Umsetzung. „Wir entwickeln Methoden und Prinzipien, die dafür sorgen, dass neue Technologien nicht nur akzeptiert werden, sondern langfristig positive Effekte auf den Einzelnen, die Gesellschaft, unser Wohlbefinden und die Umwelt, also auch auf Tiere und Pflanzen, haben“, erklärt Professor Dr. Marc Hassenzahl, Professor für Ubiquitous Design an der Uni Siegen.
Wissenschafts-Community trifft sich in Siegen und Japan
Ein Beleg für die Stellung der Siegener HCI-Forschung ist die „German Pre-CHI-Konferenz“, die am 2. und 3. April in Siegen stattfindet. Hier treffen sich die wichtigsten deutschsprachigen HCI-Forschenden, um ihre Beiträge für die weltweit führende HCI-Konferenz, die „ACM CHI“ im Mai in Yokohama, Japan, vorzustellen und zu diskutieren. „Dass wir diese Tagung ausrichten, zeigt den hohen Stellenwert unserer Forschung in der Community“, betont Prof. Dr. Volker Wulf, Professor für Wirtschaftsinformatik an der Universität Siegen und einer der führenden Köpfe der Siegener HCI. Er ist gemeinsam mit den anderen Siegener HCI-Professuren Ausrichter der Konferenz. In diesem Jahr werden auf der Pre-CHI 36 Beiträge vorgestellt – fünf davon stammen aus Siegen. Rund 100 Teilnehmende aus dem gesamten deutschsprachigen Raum werden erwartet.
Forschung mit echtem Mehrwert für den Alltag
Die Forschungsthemen an der Uni Siegen reichen von Virtueller Realität über Soziale Robotik bis hin zu Künstlicher Intelligenz. Dabei geht es immer auch um den Menschen, seine Bedürfnisse und die Möglichkeiten der Entwicklung von Lebenspraktiken durch die Aneignung neuer Technologien. Die Projekte in Siegen zeigen, wie nah Spitzenforschung und Lebenswirklichkeit beieinanderliegen. So wird in einem Projekt erforscht, wie Technik emotionale Nähe über Distanz schaffen kann – zum Beispiel für ältere Menschen oder Familien, die weit auseinander leben. In einem anderen Vorhaben geht es darum, wie digitale Technologien die Autonomie von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen stärken können. Wie Roboter das Miteinander in Gruppen positiv beeinflussen können, erforschen Siegener Wissenschaftler*innen in einem weiteren großen Projekt.
Die HCI-Projekte werden oft gemeinsam mit Partnern aus der Industrie durchgeführt, darunter Unternehmen wie Siemens oder Sanofi. So entstehen Lösungen, die schnell den Weg in den Alltag der Menschen finden sollen. Die Siegener HCI-Forschung arbeitet aber auch mit Open Source und Grassroot Bewegungen zusammen. So wird in einem Aufsatz untersucht, wie die Kooperation zwischen der deutschlandweiten Food-Sharing Community und den Open Source Aktivisten verbessert werden kann, die das Portal zur Unterstützung des Lebensmittelteilens gestalten und programmieren. Mehrere der Projekte werden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Die Siegener HCI-Forschung ist aber auch in anderen Teilen der Welt engagiert. So wird in einem Beitrag aus einer Langfristperspektive untersucht, wie Computer Clubs in einem palästinensischen Flüchtlingslager in der West Bank gewirkt haben.
Internationale Spitzenforschung – mitten in Siegen
Gleich zwei Siegener Professoren – Volker Wulf und Marc Hassenzahl – gehören zur SIGCHI Academy, dem renommiertesten Kreis von HCI-Wissenschaftler*innen weltweit. Die Universität Siegen veröffentlicht regelmäßig auf den wichtigsten internationalen Konferenzen und in zentralen Zeitschriften des Fachgebiets. „Wir werden besonders für unsere kritische Kombination aus fundierten psychologischen/soziologischen Grundlagen und Methoden mit Technik-Design geschätzt," sagt Prof. Marc Hassenzahl. Wulf ergänzt, dass dieses Forschungsprogramm in Teilen auch lokal verankert ist und sich mit den Gestaltungs- und Transformationsbedarfen ländlich industrialisierter Regionen beschäftigt.
Acht Professuren und zahlreiche Nachwuchswissenschaftler*innen forschen in Siegen zu HCI-Themen. Der Masterstudiengang Human-Computer Interaction war der erste seiner Art in Deutschland und wird komplett auf Englisch angeboten, um auch internationale Talente anzuziehen. Aktuell sind 145 Studierende eingeschrieben – viele von ihnen arbeiten anschließend in Forschungsprojekten weiter oder promovieren an der Uni Siegen.
Weitere Informationen:
Zur Website
Pre-CHI 2025