Gute Teamarbeit an Schulen von Anfang an
Wie können multiprofessionelle Fachkräfte an Schulen gut eingearbeitet und integriert werden? Das erforscht ein Team der Arbeitsgruppe Förderpädagogik an der Uni Siegen zusammen mit der Qualitäts- und Unterstützungsagentur – Landesinstitut für Schule (QUA-Lis NRW) im Projekt „ONBOARD“.
Kinder, die gerade erst Deutsch lernen, weil sie eine Fluchtgeschichte haben, sitzen neben Kindern, die zuhause und in der Kita schon im Kleinkindalter umfassend gefördert wurden und nicht nur sprachlich extrem „fit“ sind. Kinder mit teils noch sehr kurzen Aufmerksamkeitsspannen, impulsive Kinder oder Kinder, die einfach noch etwas mehr Zeit zum Bearbeiten einer Aufgabe benötigen gehören ebenso zur Klasse, wie Kinder mit Unterstützungsbedarf im Bereich der emotionalen und sozialen oder der motorischen Entwicklung.
Schulklassen an inklusiven Schulen sind heterogen. Um alle Schüler*innen individuell zu fördern und ihnen eine gelungene Teilhabe am schulischen Leben zu ermöglichen, braucht es multiprofessionelle Teams: Fachlehrer*innen arbeiten dabei eng mit Sozial- und Sonderpädagog*innen, Schulsozialarbeiter*innen und anderen pädagogischen Fachkräften zusammen – im Unterricht und darüber hinaus.
Damit multiprofessionelle Fachkräfte an den Schulen von Beginn an erfolgreich mit den Fachlehrer*innen kooperieren können, braucht es funktionierende Einarbeitungsstrukturen. Wie das sogenannte „Onboarding“ gelingen kann, untersucht ein Team der Arbeitsgruppe Förderpädagogik an der Uni Siegen unter der Leitung von Prof. Dr. Daniel Mays und Prof. Dr. Stefanie Roos im neuen Forschungsprojekt „ONBOARD“. Es handelt sich um ein gemeinsames Projekt mit der Qualitäts- und Unterstützungsagentur – Landesinstitut für Schule (QUA-Lis NRW). Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Vorhaben mit insgesamt rund 863.000 Euro, von denen knapp 600.000 Euro an die Universität Siegen gehen.
„Gerade wenn sich multiprofessionelle Teams an Schulen finden, müssen viele Fragen geklärt werden: Wer hat welche Kompetenzen und Aufgaben? Wie funktionieren Absprachen? Welche räumlichen und zeitlichen Ressourcen stehen für die Zusammenarbeit zur Verfügung?“, sagt Co-Projektleiterin Carolin Quenzer-Alfred von der Uni Siegen. An vielen Schulen fehle es noch an Konzepten, um multiprofessionelle Fachkräfte zu integrieren und eine gute Teamarbeit zu etablieren. Ziel von „ONBOARD“ ist es, entsprechende Qualitätskriterien sowie Unterstützungsmaterial für inklusive Schulen der Primarstufe und der Sekundarstufe I zu entwickeln. Leitfäden und Checklisten sollen dabei helfen, die Einarbeitungsphase zu strukturieren. Zusätzlich sollen Handzettel und Reflexions-Bögen entstehen, die speziell auf die Bedürfnisse der Beteiligten abgestimmt sind – von Schulleiter*innen über die Fachlehrer*innen, bis hin zu den multiprofessionellen Fachkräften selbst. „Multiprofessionelle Fachkräfte, die in die Schulen kommen, haben oft keine klassische Lehramtsausbildung mit Referendariat durchlaufen. Daher ist es für sie wichtig, zunächst ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie das Schulsystem funktioniert, wie die Zusammenarbeit im Kollegium abläuft und wie sie neue Ideen oder Ansätze selbstbewusst ins Team einbringen können“, erklärt Quenzer-Alfred.
Um qualitativ hochwertige und praxistaugliche Materialien zu entwickeln, möchte das Projektteam zunächst den nationalen und internationalen Forschungsstand zum Thema „Onboarding“ erfassen. Außerdem sollen bewährte Praktiken, die an Schulen bereits umgesetzt werden, identifiziert und zusammengetragen werden. Dazu ist eine quantitative Online-Befragung an Schulen geplant: Dabei soll auch danach gefragt werden, was sich die an Onboarding-Prozessen beteiligten Personen wünschen. Ein Experten-Konsortium aus Bildungs-Expert*innen und Praktiker*innen soll die im Projekt erarbeiteten Materialien immer wieder sichten und Feedback dazu geben, ob sich die Konzepte in der Praxis tatsächlich umsetzen lassen.
„Uns ist ganz wichtig, dass das, was wir im Projekt an der Universität entwickeln, auch funktioniert. Also dass die Schulen mit unserem Material sinnvoll arbeiten können und nachhaltige Verbesserungen bei der Integration von multiprofessionellen Fachkräften erzielen. Denn eine funktionierende Teamarbeit kommt letztlich ganz direkt den Kindern zugute und sorgt dafür, dass alle so gefördert werden können, wie sie es individuell brauchen – und darum geht es ja“, sagt Verbund-Projektleiter Prof. Dr. Daniel Mays. Die Kooperation mit QUA-LiS NRW als weiterem Verbundpartner sorgt für eine enge Rückkopplung mit den Schulen und für einen direkten Transfer der Ergebnisse in die schulische Praxis. Geplant ist, die Materialien digital aufzubereiten und Schulen als „Open Educational Resources“ kostenfrei zur Verfügung zu stellen.
Ein ausführliches Interview mit Prof. Dr. Daniel Mays zum Thema Inklusion an Schulen und zu den Übergängen Kita/Grundschule sowie Grundschule/weiterführende Schule hören Sie in der aktuellen Folge unseres Wissenschaftspodcasts Spark!:
Kontakt:
Prof. Dr. Daniel Mays
(Professur für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Förderpädagogik („Emotionale und soziale Entwicklung“)
E-Mail: Daniel.Mays@uni-siegen.de
Tel.: 0271 740 4013